ESCHE SCHÜMANN COMMICHAU | COMPACT | AUSGABE III · 2015
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1. Die neue und viel diskutierte Regelung des § 272 Abs. 5
Handelsgesetzbuch neue Fassung (HGB n. F.) zur Bildung
einer ausschüttungsgesperrten Rücklage für Beteili-
gungserträge, auf deren Zahlung noch kein Anspruch
besteht, wurde im endgültigen Gesetz um Regelungen
zum Aufl ösungszeitpunkt ergänzt. Danach ist die Rück-
lage aufzulösen, sobald der Beteiligungsertrag ausge-
schüttet oder ein Anspruch auf dessen Zahlung erwor-
ben wird. Praktisch bedeutet die Klarstellung, dass es zur
Entstehung eines Rechtsanspruches auf einen Beteili-
gungsertrag genügt, wenn die Kapitalgesellschaft den
Beteiligungsertrag so gut wie sicher vereinnahmen kann.
Damit wird – entgegen der bisherigen Vermutung – die
neue Regelung voraussichtlich keine bedeutsame Praxis-
relevanz für die phasengleiche Vereinnahmung von Betei-
ligungserträgen erlangen.
2. Die in § 264 Abs. 3 HGB n. F. eingeführte Voraussetzung
der Einstandspfl icht des Mutterunternehmens für die
Inanspruchnahme der Tochterunternehmen von Erleich-
terungen für die Erstellung, Prüfung und Offenlegung des
Jahresabschlusses wurde dahingehend präzisiert, dass die
erforderliche Einstandspfl icht alle bis zum Abschlussstich-
tag eingegan genen Verpfl ichtungen umfasst. Nach der
Begründung des Rechtsausschusses reicht zur Erfüllung
dieser Voraussetzung in der Regel eine gesetzliche Ver-
lustübernahme nach § 302 Aktiengesetz aus einem
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag aus. Somit
ergibt sich grundsätzlich keine bedeutsame Änderung
zum alten Gesetzesstand.
3. Im Hinblick auf den Erstkonsolidierungszeitpunkt von
Tochtergesellschaften im Rahmen eines Konzernabschlus-
ses wurde § 301 HGB n. F. um Ausnahmen erweitert.
Demnach dürfen z. B. nach Wegfall einer Befreiung nach
§§ 291, 292 HGB die Wertansätze zum Erwerbszeitpunkt
angesetzt werden, und es muss nicht zwingend eine
Bewertung zum Zeitpunkt der erstmaligen Einbeziehung
erfolgen.
Weitgehend unverändert blieben die im Folgenden zusam-
mengefassten wesentlichen Punkte:
1. Die Anhebung der Schwellenwerte für die handelsrecht-
lichen Größenklassen gemäß § 267 HGB auf die EU-weit
höchstzulässigen Größen bleibt unverändert. Die Schwel-
lenwerte für kleine Kapitalgesellschaften erhöhen sich hin-
sichtlich Bilanzsumme und Umsatzerlöse um 24 %, für mit-
telgroße Unternehmen um 4 %. Die neuen Schwellenwerte
dürfen erstmals für nach dem 31.12.2013 beginnende
Geschäftsjahre und müssen spätestens für nach dem
31.12.2015 beginnende Geschäftsjahre angewandt werden.
Bilanzsumme
in T €
Umsatz
in T €
Mitar-
beiter
Kleinstgesell-
schaften
< 350 < 700 < 10
Kleine
Gesell-
schaften
alt 350 – 4.840 700 – 9.680
> 10 – < 50
neu 350 – 6.000 700 – 12.000
Mittelgroße
Gesell-
schaften
alt 4.840 – 19.250 9.680 – 38.500
< 250
neu 6.000 – 20.000 12.000 – 40.000
Große
Gesell-
schaften
alt > 19.250 > 38.500
> 250
neu > 20.000 > 40.000
2. Auch die Neudefi nition der Umsatzerlöse in § 277 Abs. 1
HGB bleibt gegenüber dem Regierungsentwurf unverän-
dert. Künftig umfassen die Umsatzerlöse auch Erträge, die
außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit anfallen
und bisher unter den sonstigen betrieblichen Erträgen
erfasst wurden. Die Neudefi nition der Umsätze darf wahl-
weise bereits für nach dem 31.12.2013 beginnende
Geschäftsjahre und muss spätestens für nach dem
31.12.2015 beginnende Geschäftsjahre Anwendung fi nden.
3. Künftig ist ein Ausweis von außerordentlichen Erträgen
und Aufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung
nicht mehr zulässig. Stattdessen sind im Anhang Angaben
zu Erträgen und Aufwendungen von außergewöhnlicher
Größenordnung oder Bedeutung zu machen.
4. Weiterhin enthält das BilRUG eine Typisierung der Nut-
zungsdauer auf 10 Jahre für entgeltlich erworbene
Geschäfts- oder Firmenwerte sowie für selbstgeschaffene
immaterielle Vermögenswerte, deren Nutzungsdauer
nicht verlässlich bestimmt werden kann.
5. Die bereits im Regierungsentwurf enthaltenen Änderun-
gen der Berichtspfl ichten im Anhang, z. B. die Verlagerung
von Angaben aus Bilanz und Lagebericht in den Anhang,
bleiben zum Regierungsentwurf unverändert.
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